Trans Schwarzwald 2014

Martin Grafmüller und Julian Knapp bei der Trans Schwarzwald 2014. Hier Martin´s Bericht:

 

Startort Pforzheim , Zielort Offenburg   vom  13. bis 17. August 2014 über 348 km und 10790 hm

 

Für Julian war dies schon die sechste Teilnahme, für mich die zweite.  Zusammen sind wir in seinem Auto am Vortag nach Pforzheim gefahren.  Schon beim Beladen der Fahrräder ist mir das sehr leichte Gewicht seines Carbon-Hardtails  im Vergleich zu meinem Alu-Fully aufgefallen.  Für  Gesprächsstoff während der relativ kurzen Fahrzeit war nun gesorgt.

Im Enzauerpark – deutlich  zu früh angekommen -  sind wir direkt auf einen Parkplatz vor der Eissporthalle dirigiert worden. In dieser war die Akkreditierung noch gar nicht geöffnet- ca. 2 h Wartezeit laut Plan-  kein einziges MTB  im „Parc ferme“ vorhanden,  nur einige Werbe-Fahnen wehten;  draussen waren einige Aussteller erst beim Aufbau.   Zurückgekommen beim Auto mußten wir feststellen, dass diese von Organisationsfahrzeugen zugeparkt worden ist.   Vorteil:  Jetzt kam endlich Bewegung in die subjektiv gefühlte Langeweile bzw. Trostlosigkeit  rein.  Julian ist umgehend im Topmanagement d.h. bei Sauser´s vorstellig geworden, wurde als Stammkunde begrüßt und es wurde sofort  seine  einmalige Übernachtung incl. Frühstück neben dem ganzen Organisationstrubel  organisiert.  Trotzdem gab´s noch mehr als eine Stunde zu überbrücken,  im direkt benachbarten Cafe haben wir uns niedergelassen und dem Treiben zugeschaut und auch zugehört.  Die erkennbaren einzelnen  Funktionseinheiten und deren Kommunikation untereinander waren perfekt .  Hier waren wir gut aufgehoben!   Ganz nebenbei bemerkt-  es tut schon gut, man hat selber Urlaub und sieht die anderen bei der Arbeit - einfach nur Nutznießer sein, ohne jegliche Verantwortung, herrlich…..fast schon ein vorgezogenes  „Flow-feeling“.   

 

Noch eine Stunde Wartezeit bis zur Akkreditierung:  Julian scharrte schon mit seinen Vorderhufen wie ein Araberhengst, er wollte sich noch im Park „warmfahren“ sozusagen einer Vorbelastung unterziehen wie die Profis.  Für mich im ersten Moment reizlos, im zweiten  hingegen schon –vielleicht mit einem leichten Carbon-Testrad vom Sponsor Centurion.  Also hin zum Ausstellerzelt von Centurion,  wo leider nur der  Reparaturservice angeboten worden ist.  Das  Gespräch mit dem Experten über Leichtbau – muß nicht unbedingt über  Carbonrahmen gehen- endete darin, dass mein Fully Specialized Epic Expert Baujahr 2008 damals  gut war,  aber eben konstruktive Nachteile wie zu hohes Dämpfergewicht mit Strebe hat,  die nicht  mit anderen leichteren Komponenten zu kompensieren sind .  Letztendlich hat der Experte mein gedanklich verdrängtes Wissen  bestätigt.  Mein Fully läßt sich nicht mehr auf den aktuellen Stand der Technik bringen.  In diesem emotional schwachen  Moment und  mit einer überzeugenden Testfahrt auf einem Centurionrad hätte ich umgehend gekauft.

Bei der Akkreditierung waren wir beide die ersten,  es folgten das Umpacken in die farblich unterschiedlichen Transsporttaschen , je nach Hotelschläfer  oder Campübernachter , Start-nr. anbringen und Abgabe der Bikes  im Sperrbereich.  Desweiteren meldete  ich mich beim Massageservice an, Bezahlung erfolgte im  voraus mit  akzeptablem je 10€ pro 20 min Dauer.  Das Essen im Parkrestaurant war i.O.,  die Streckenpräsentation war sehr kurz, die Bilder  waren  mit den Erläuterungen nicht harmonisiert  und die Wetterprognose schlecht.  Unmotiviert ging´s zum Schlafen zurück ins Camp.

Am nächsten Tag  morgens zog der ganze Tross zum Startplatz auf dem 2km entfernten Messeparkplatzgelände.   Um 9 Uhr standen wir da und durften zwei Stunden bis zum Start überbrücken,  zwischenzeitlich stießen   die Eltern von Julian zu uns. Die Startaufstellung erfolgte ohne Lampenfieber,   allgemein etwas getrübt durch aufkommende dunkle Wolken am Himmel.

Julians Zielsetzung war „bolzen, so schnell die Füße strampeln“  und soweit vorne wie möglich mitfahren,  meine war nicht so ambitioniert: Nicht  Letzter werden in meiner Altersklasse und das Maximum an Fahrspaß haben.

 

1. Etappe  Pforzheim-Bad Wildbad  72km/2130 hm,

Diese verdient den  Namen Feuer- bzw. Regentaufe,   in  Dauerregen reingefahren,  nichts Schönes unterwegs vorgefunden…wer´s kennt , fühlt mit.  Zielankunft total verdreckt, Schlange stehen beim Bikewash,  Duschen im Hochwasser wegen verstopfter Abflüsse,  Übernachtung im Camp mit viel aufgehängter Radkleidung  an verschiedenen Orten…

Lichtblick war die Supermassage und das Feinschmeckeressen im Wildbader Hof  : Julian bestellte sein übliches Schnitzel  mit viel Salat, Pommes und Nudeln und vorab die Kraftbrühe nach Hausmacherart, letzteres aufgrund meiner Empfehlung.  Ich bestellte die Semmelknödel mit Steinpilzen ebenso die Suppe alles  nach Hausmacherart.   Kulinarisch ein Highlight!

Anschliessend sind wir noch in die Kurhalle marschiert, um die Ergebnisliste zu studieren.

Julian in 3h38  h an 125. Stelle von über 216 Teilnehmern bei den Herren , d.h. gutes Mittelfeld

Martin in 4.58 h  62 von 67 Teilnehmern  Masters 3,

Auf dem Rückmarsch wieder Regen und ich hatte ruckzuck wieder nasse Kleidung , plus nasse Füße aufgrund der Sandalen.   Im Camp angekommen prasselte der Regen ohne Unterbrechung  auf das Dach,  das Geräusch  sollte die nächsten Tage mich im Schlaf weiterverfolgen…..

 

2. Etappe Bad Wildbad- Freudenstadt  68,5 / 1600 hm

Regen, Schlamm,  s.o., Nebel verschleierte den Blick in die Täler. Wo sind die angekündigten Super-Trails?  Selbst mit viel Suggestion von Schönwetter konnte der Autor nichts Schönes an der Strecke finden!

Im Zielbereich angekommen,  konnte ich mich dem Bikewash der anderen an den vielen Springbrunnen auf dem Marktplatz anschließen. Ein Blick zum schwarzen Himmel ließ Böses erahnen.  Wohlwissend, dass es mir bis zum Camp nicht mehr reicht, bin ich unters Zelt zum Radservice geeilt , um die Bremsbeläge wechseln zu lassen.  Kaum angekommen setzte der Sturm ein,  es hieß alle Mann ran und das Zelt festzurren und an den Ecken halten!!

Nachdem ich mich im Camp wiederhergerichtet hatte, bin ich noch  in die Stadt. Von 2011 hatte ich noch in Erinnerung,  daß es hier schöne Flecken gibt. Wie kann´s anders sein,  es setzte Regen ein, holte mir wieder nasse Füße in den Sandalen. ..Ich rettete  mich in ein Cafe,  wo es frisch gepreßten Orangensaft gab und natürlich einen Capucchino dazu.  Ich denke,  zu diesem Zeitpunkt sah ich echt aus wie ein begossener Pudel!

Nach dem Abendessen traf ich Julian, der unbedingt noch mit der  in etwa  gleichauf  im Rennen fahrenden Elisabeth Brandau sprechen wollte.  Gemeinsam sind wir auf den Campingparkplatz gegangen und trafen wider Erwarten die Elisabeth.  Es entwickelte sich ein freundlicher Smalltalk unter Radfahrern. 

 

3. Etappe Freudenstadt- Bad Rippoldsau-Schapbach    68 km/2460 hm

Regen, nein besser Starkregen,   jetzt  kamen endlich die angekündigten Trails.   Bergauf kamen mir die Sturzbäche entgegen ,bergab bin ich mit dem Wasser gefahren.   Das Wasser wegdenkend, müssen dies die echt „geilsten Trails“ sein.  Hierher komme ich bei Schönwetter zurück!

Bei dieser Etappe hat mir Julian mehr als zwei Stunden abgenommen anstatt der üblichen 1 h, das verstärkt meinen Verdacht, daß ich mich verfahren hatte.  Eine Kontrollanzeige meines Tachos war nicht mehr möglich, da ich bei km 12 einen leichten Umfaller quasi aus dem Stand hatte und der Magnet an den Speichen weggeschlagen worden ist.

 

4. Etappe Bad Rippoldsau- Sasbachwalden:   72 km/2330 hm

Wieder Regen, glücklicherweise nur anfangs.  Ich fuhr mein Tempo in Begleitung der anderen bekannten  Schlußlichter-  aber glücklicherweise kein Besenwagen zu hören oder zu sehen.  An der zweiten Verpflegungsstelle bei km 4 4 war ein außergewöhnlicher  Stau, gemäß meiner Devise mich nicht ablenken zu lassen, habe ich aufgetankt und bin sofort weitergefahren.

Im Vorbeifahren bemerkte ich zwei Fahrer mit dem Handy am Ohr- haben die nichts anderes im Rennen zu tun?  Ich fuhr einem anderen hinterher im Abstand von ca. 200 m, der um´s verrecken nicht kleiner werden wollte.  Bei einer steilen Abfahrt winkte ein Streckenposten mit beiden Händen-  klar ich bin zu schnell,  ich habe abgebremst und die scharfe Rechtskurve genommen, wo wieder ein Pulk von diskutierenden Leuten war.  Gemäß meiner Devise keine Ablenkung zu akzeptieren,  setzte ich meine Fahrt fort und zwar richtig alleine, einsam und verlassen…..

Spätestens an der dritten schon verlassenen Verpflegungsstelle wurde mir klar, daß hier was nicht stimmte.  Ein Zurück kam nicht mehr in Frage,  im Kopf hatte ich die über mehrere Kilometer dauernde Schlußabfahrt und diese ohne Regen, diese hielt mich noch auf dem Bike.   Moderat – nicht mehr im Rennmodus- fuhr ich weiter.  Unterwegs erreichte ich noch andere zwei Biker, die ich vom Camp her vom Sehen kannte.  Im Gespräch erfuhr ich, daß das Rennen an der zweiten Verpflegungsstelle abgebrochen  worden ist.   Meine Entscheidung der Fortsetzung war goldrichtig, die Schlußabfahrt war ein Genuß,  meine Maxxis-Beaverbereifung vorne vermittelte bei den teils extremen Wurzelpassagen guten Grip und entsprechende Selbstsicherheit stellte sich ein.   Ich ließ es bis zum Ziel einfach stresslos laufen-herrlich.

Frisch geduscht und hergerichtet hatte ich keine Lust auf normales Essen, die vielen Restaurants  in Sasbachwalden versprachen  besseres.  Beim Eintritt in mein ausgewähltes Restaurant wurde ich zunächst mal vertröstet auf die draußen stehende „Parkbank“, hier saßen schon zwei andere.  Nach ca. 10 min wurden wir von der Chefin hereingerufen, um Platz zu nehmen.  Ich bestellte ein badisches Schneckenrahmsüppchen und eine  Forelle mit Mandeln in Buttersauce.

Kurz darauf kam die Chefin und fragte, ob ein weiterer Gast an meinem Tisch Platz nehmen dürfte.  Selbstverständlich,  es stellte sich heraus,  daß er ein Wanderer war mit Ziel Lago Maggiore. Da ich in Pforzheim ein Touristprospekt über Wanderwege von Nord- nach Südschwarzwald lesen konnte,  waren mir West-und Ostroute  keine Fremdworte und der Abend war unterhaltsam kurzweilig bei ausgezeichnetem  Essen.

 

5. Etappe   Sasbachwalden- Offenburg    67,5 km/ 2270 hm

Endlich Sonnenschein, beim Start glühten schon die Oberschenkel.  Heute gebe ich Vollgas,  laut Ergebnisliste war ich  56. von 57 noch verbliebenen Teilnehmern in meiner AK. Tatsächlich  kam ich gut ins Rennen.  Eine erste herrliche und harmlose Trailabfahrt nach ca. 30 min bescherte mir ein abruptes Ende.  Am Trailende bei einer scharfen Linkskurve erblickte ich die Bergwacht-  was sucht die denn da, an  einer solch harmlosen Stelle?

Denkste,  in einer Kuhle riss es mir den Lenker rum, Kontrollverlust und Absturz mit Kopf voraus direkt auf den Asphalt vor die Füße der Bergwacht.  Instinktiv robbte ich mich noch  aus der Fahrbahn und blieb benommen liegen.  Der Rest ist schnell erzählt:  Helm gerissen ,aufkommende Übelkeit,  die Erfahrung von Fred, dem Bergwachtsanitäter verboten eine Weiterfahrt.  Nach professioneller Erstversorgung kam der Krankenwagen und brachte mich nach Achern ins Krankenhaus zur Kontrolle.  Hier wurden diverse Checks gemacht, zunächst die Augenbeweglichkeit (Prüfung auf Gehirnerschütterung) und dann die Muskel-und Skelettbeweglichkeit,  Ergebnis: i.O.,  der Verbund am Ellenbogen wurde erneuert und ein Brief an den Hausarzt erstellt (Nachsorge und Tetanusschutzimpfung), dann ging´s an den Bahnhof 10 min Fußweg  in  Radsportmontur, lädiert ohne Bike durch die Stadt.

 

In Offenburg angekommen wußte ich nicht mehr exakt, wo die Zielankunft war-   Messeplatz oder Marktplatz?  Bin halt doch auf den Kopf gefallen mit Auswirkung  „leichter Gedächtnisverlust“.   Ich fragte einige Freizeit-Mountainbiker nach dem Weg,  dann war alles klar. Nochmals 15 min Fußweg und ich kam  rechtzeitig zum Zieleinlauf von Julian- den ich beglückwünschte und der es noch nicht richtig erfassen konnte;   haha diesmal war ich schneller, zwar auf eine andere  Art, aber immerhin.

Ich meldete mich im Organisationsbüro zurück,  der Besenwagen brachte mein Bike zur Gepäckabholung.   Danach ging´s wieder planmäßig zum Bahnhof, trotz zweimaligem Umsteigen war ich nach 2,5 h um 16.30 Uhr daheim.

 

Ergebnis   Julian:   Gesamt:   100 von 187 angekommenen der Herren  in 15h33min

Lessons learned:  im Etappenverlauf deutliche Verbesserung, d.h. Kräfte richtig eingeteilt , kein Übertraining im Vorfeld;  weiter „bolzen“ mit systematischer Trainingsfortsetzung

 

Ergebnis Martin:  Gesamt:  DNF in der fünften Etappe von 5 durch Sturz

Lessons learned:              nicht ausreichender „bekannter“  Trainingsaufbau  bzgl. Kraftausdauer führten  in Verbindung mit witterungsbedingten Extrembedingungen zu Stressituationen im Schlußlichtbereich, der zu Überreaktion/ Fahrfehler  im Finale führte. 

Allgemeines Muskeltraining (insbesondere Schulter, Nacken und Beckenboden) von ca. 2 h pro Woche hat sich bewährt (keine Frakturen, keine Muskelfaserrise o. a. Nachwehen )